Temporäre Spielstraße Gudvanger oder: Der Hürdenlauf des Sisyphos

gudvanger

 

Der Weg zur Hölle ist mir guten Vorsätzen gepflastert – der Weg zur guten Tat mit… „Rechtshindernissen“.

Die Idee lag sozusagen auf der Straße. Im Zuge der Neugestaltung der Gudvanger Straße entlang des Humannplatzes bis zur Wichertstraße Humannplatz und Schulgebäude meinten Eltern der AG Verkehr der Wilhelm-von-Humboldt-Gemeinschaftsschule, dass man ein kleines, neben der Schule gelegenes Straßenstück durchaus als eine Art Spielstraße nutzen könnte. Schnell fanden sich Mitstreiter aus umliegenden Kitas, des Jugendclubs W24… .
Der Plan: Jeden Dienstag sollte das kleine Stück Straße zwischen der Erich-Weinert-Straße und dem Schulgebäude von zehn bis 18 Uhr den Kindern gehören.

Aber klar, man befand sich ja in Prenzlauer Berg, wo es nicht nur viele Kinder gibt (die – gerade beim Spielen – Geräusche machen, die oft als störend empfunden werden), sondern auch eine stattliche Anzahl von Autos (die zwar auch Geräusche machen, aber…). Das vorgeblich liebste Kind des Prenzlauer Bergers soll unbestätigten Gerüchten zu Folge jedoch nicht sein Kind und auch nicht sein Auto, sonder… der Parkplatz fürs Auto sein. Da, so hört man zuweilen, kennt er nix.
 

Alle dafür, keiner dagegen – aber…

Das wussten die Spielstraßenbegeisterten natürlich und starteten vorsorglich eine Umfrage. Und siehe, alles nur böse Vorurteile: Tatsächlich sprach sich die überwiegende Mehrheit der befragten Anwohner für eine autofreie „Temporäre Spielstraße“ aus.

Mit diesem erfreulichen Ergebnis machten sich die Initiatoren auf den Weg in den Verkehrsausschuss der Pankower Bezirksverordnetenversammlung. Auch hier: Nur Zustimmung. Mal enthussiastisch, mal verhalten – aber Ablehnung gab es von den Bezirksverordneten keine.

Wäre da nicht der Herr von der Pankower Straßenverkehrsbehörde gewesen.

Der trübte die Stimmung ein wenig mit dem Hinweis, dass eine „Temporäre Spielstraße“ in der Straßenverkehrsordnung schlicht nicht vorgesehen – und deshalb rechtlich mindestens bedenklich sei.

Doch die Bezirksparlamentarierer ließen sich dadurch nicht irritieren. Das Bezirksamt wurde beauftragt, einen Weg aufzuzeigen, der das Spielen auf dem Aspahlt in rechtssichere Sphären führen sollte. Schließlich gelte in Bremen und Frankfurt am Main das selbe Straßenverkehrsrecht wie in Berlin – und dort gibt es „Temporäre Spielstraßen schon seit Jahr und Tag.

Im März stimmte dann auch die Bezirksverordnetenversammlung zu – und im April sollte es losgehen.

Sollte.

 

Die Realität hat sich der Rechtslage anzupassen, irgendwie…

Am vergangenen Dienstag probten dann Kinder und Initiatoren schon mal, wie das so ist, das Spielen in der Gudvanger. Allerdings nur auf dem Bürgersteig. Am Abend des selben Tages tagte dann der Verkehrsausschuss – und Bezirksstadtrat Torsten Kühne gab Bericht über seine Bemühungen.
 
Also…

1. Ein Verkehrsschild aufzustellen, dass das Straßenstück für gesperrt erklärt, geht gar nicht. Das sei sowohl die Ansicht der Polizei, als auch der beim Senat angesiedelten Oberen Straßenverkehrsbehörde. Denn eine verkehrslenkende Maßnahme – das Aufstellen eines Verkehrsschildes ist eine solche – müsse immer mit der verkehrlichen Situation begründet sein. Wenn also bereits Kinder auf der Straße spielten – und somit den Verkehr beeinflussten – wäre das Aufstellen eines Schildes gerechtfertigt. Wenn allerdings ein schild aufgestellt wird, d a m i t Kinder dort spielen können, siehts mau aus. Zwar verfahre man in Bremen und Frankfurt genau so, aber dort seien sich eben wirklich alle einig. „Wo kein Kläger ist, ist auch kein Richter. Aber in Prenzlauer Berg muss man immer mit Klagen rechnen.“

2. Man könnte den Straßenabschnitt vom Verkehr „abhängen“ – ihn also für den Autoverkehr gänzlich sperren. Dies sei aber nicht zeitlich begrenzt möglich, sondern nur auf Dauer. Das aber will ja niemand.

3. Anmeldung als eine Veranstaltung – ähnlich jener eines Wochenmarktes. Dann allerdings fielen Gebühren an, die niemand bezahlen kann, denn schließlich ist das Spielen ja keine kommerzielle Angelegenheit, bei der am Schluss die Kasse klingelt.

Ausweg: Das Jugendamt als Teil des Bezirksamtes meldet die Veranstaltung an. Dann fallen die Gebühren und Versicherungsbeiträge weg. Mit dem Jugendamt hatte aber bis dato noch niemand gesprochen…

Das soll nun in den kommenden Tagen nachgeholt werden.

Danach, vielleicht im Mai…

 
Und das alles wegen 35 Meter Nebenstraße.

 
Foto oben: BI Temporäre Spielstraße Gudvanger

 

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